In dem Blatt, das die Heilige Anna zeigt, die ihre Tochter Maria das Lesen lehrt, manifestiert sich eine besondere Variante des Umgangs mit druckgraphischen Werken, bei dem die dargestellten Gewänder ausgeschnitten und durch echten Stoff ersetzt werden. Typisch für solche „estampes habillées“ genannten Werke ist auch die starke Kolorierung der gedruckten Bereiche wie Inkarnat, Architekturmotive, Attribute und Ornamente. Objekt der umfangreichen Schmückung war in diesem Fall ein Kupferstich, der auf einer von Abraham Christian Wilhelm gestochenen und bei Martin Engelbrecht vor 1756 in Augsburg erschienen Vorlage beruht. Wer für die Umgestaltung verantwortlich zeichnet und wann sie geschah, geht aus der Arbeit selbst nicht hervor. Dass Martin Engelbrechts Verlag einerseits zahlreiche Ausschneidebögen, andererseits auch Trachten-Serien, die ebenfalls gerne „angezogen“ wurden, im Angebot hatte, könnte einen Hinweis darauf sein, dass die Schmückung auch im Umfeld des Verlages in Augsburg vorgenommen wurde.
In der Sammlung Haupt befinden sich drei weitere estampes habillées, wovon zwei aufgrund der zugrundeliegenden Graphiken (nochmals Engelbrecht und Johann Lorenz Rugendas) nach Augsburg als Entstehungsort weisen.